Sanktionspolitik gegen Iran dank Russland in der Sackgasse?
MOSKAU, 22. April (Pjotr Gontscharow, RIA Novosti). Das Treffen der Sechser-Gruppe zu Iran in Schanghai ist, nach den durchgesickerten Informationen zu urteilen, mit einem Fiasko zu Ende gegangen.
Was hindert die fünf UN-Vetoländer plus Deutschland daran, zu einer Einigung zu gelangen? Wahrscheinlich hat Senator John McCain, der US-Präsidentschaftskandidat der Republikaner, mit seinen neuesten Äußerungen zum Atomstreit mit Iran die verschlossenen Türen beim Treffen in Shanghai einen Spalt geöffnet.
Im Fernsehsender ABC erklärte McCain letzten Sonntag, der einzig effektive Mechanismus bei der Lösung des Atomstreits mit Iran wären „bedeutende und harte“ Sanktionen. Nach Ansicht des Senators waren es aber die Russen, die „alles blockiert haben, was die USA und die EU im UN-Sicherheitsrat durchzusetzen versuchen“.
Ähnliche Standpunkte waren eine Woche zuvor bei einem Treffen russischer und amerikanischer Experten am Rande des Luxemburger Forums in Moskau geäußert worden. Dabei hieß es nämlich: Entweder muss Iran als ein „Atomwaffen besitzender Staat“ anerkannt werden - oder es müssen harte Sanktionen beschlossen werden, bis hin zu einer Isolation dieses Landes.
Die Argumente der Befürworter scharfer Sanktionen waren dabei praktisch dieselben wie bei McCain: Die iranische Wirtschaft sei „trotz der Öl-Dollars“ recht schwach, weil sie zu 40 Prozent von den Ölraffinerien abhängt, die sich im Ausland befinden. Insofern sei sie mit Sanktionen angreifbar.
Neben den Sanktionen wurden in Moskau allerdings auch Investitionen und sonstige „Zuckerbrote“ für Iran zur Sprache gebracht. Eben die Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich des Zuckerbrot-Peitsche-Verhältnisses waren wohl die Hauptursache des Scheiterns des Treffens in Schanghai. Höchstwahrscheinlich war dabei die Haltung Moskaus der Stein des Anstoßes, worauf McCain auch hindeutete.
Der Senator dürfte Recht haben. Im Vorfeld des Treffens hatte Russlands Außenamt verkündet, die Sechser-Gruppe werde sich auf zusätzliche „positive“ Angebote für Teheran konzentrieren.
Die jüngste Resolution Nr. 1803 sieht bekanntlich Reiseverbote für iranische Atomexperten, Sperrung von Konten einiger iranischer Unternehmen bzw. Banken und Inspektionen von Frachtlieferungen vor. Teheran wurden dabei 90 Tage Bedenkzeit (ab 22. Februar) gegeben. Wie hoch stehen aber die Chancen dafür, dass Iran seine Haltung korrigieren würde?
Wie der Politologe Anton Chlopkow, Exekutivdirektor des russischen Zentrums für politische Studien (PIR-Zentr), beim Moskauer Treffen feststellte, gibt es in den politischen Eliten in Iran praktisch keine Meinungsdifferenzen darüber, ob die Atomenergiewirtschaft weiter entwickelt werden soll oder nicht. Unterschiedliche Standpunkte gebe es höchstens in der Frage, wie die Beziehungen mit anderen Ländern gestaltet werden sollen und ob es sich lohnt, zur harten Rhetorik und Gestik zu greifen, wie das Präsident Mahmud Ahmadinedschad und sein Gefolge gerne pflegen.
Allem Anschein nach ist sich Teheran bewusst, dass die Situation um sein Atomdossier für die UN-Vetomächte in einer Sackgasse gelandet ist: Einerseits bestätigt die internationale Atombehörde IAEO, Iran habe einige Fragen bezüglich seiner früheren Atomaktivitäten geklärt, was der Sicherheitsrat eigentlich hätte positiv bewerten sollen. Andererseits wurden aber die Sanktionen gegen Iran verschärft.
Kein Geheimnis dürfte für Teheran auch darin bestehen, dass in den westlichen Hauptstädten aus diesem Grund Alternativen für die Überwindung der Krise erörtert werden. Deshalb ist Iran bemüht, seine Positionen zu festigen, indem es die Aufstellung tausender neuer Zentrifugen bekannt gibt (am 8. April gab Ahmadinedschad die Bereitstellung von 6000 Zentrifugen des Typs IR-2 bekannt).
Natürlich waren McCains Äußerungen im Fernsehen ein Teil seines Wahlprogramms. Immerhin nehmen Iran und sein Atomprogramm einen bedeutenden Platz in den Wahlreden aller Präsidentschaftskandidaten ein. Wichtig ist etwas anderes: Inwieweit diese Äußerungen den Standpunkt des heutigen Weißen Hauses widerspiegeln?
Die Meinung des Verfassers muss nicht mit der von RIA Novosti übereinstimmen.