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Dienstag, 9. September 2008

Russlands UNO-Resolution fordert Militär-Embargo ggü. Georgien

(wwj) Russland unterbreitete dem Weltsicherheitsrat einen Resolutionsvorschlag ein, wonach gegen Georgien wegen des Angriffs auf Südossetien ein umfassendes Waffenembargo verhängt wird. Zudem müsse die Ausbildungshilfe für georgische Militärs beendet werden.
Der Resolutionsentwurf hat wenig Aussicht auf Erfolg und dürfte am Veto mindestens der USA scheitern. Möglicherweise legen auch Großbritannien und Frankreich Veto ein, denn die EU/NATO beschloss unlängst, den Krieg auf seine Schuldigen hin untersuchen zu wollen.

Möglicherweise will man in NATO-Kreisen darauf hinaus, Russland in die Mitverantwortung für den Krieg zu nehmen, was allemal im Hinblick darauf gelingen könnte, dass Russland den Separatismus Südossetiens und Abchasiens propagandistisch, geheimdienstlich und militärisch förderte.

Nichtsdestotrotz sollte der Einmarsch Georgiens in Südossetien eine ausreichende Eskalationsschuld darstellen, um Georgien die militärische Zusammenarbeit auszusetzen.

(msr) >> Diskussion

Donnerstag, 17. April 2008

Putin experimentiert mit georgischen Seperatisten

Georgien über Pläne Russlands besorgt, Konsularfunktionen in Abchasien und Südossetien zu erfüllen

STRASSBURG, 17. April (RIA Novosti). Die Kaukasusrepublik Georgien ist über Pläne Russlands besorgt, Konsularfunktionen in den von Tiflis abtrünnigen nicht anerkannten Republiken Abchasien und Südossetien zu erfüllen.

Dieses Problem wolle Tiflis in der Juni-Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates in Straßburg aufwerfen, sagte die Vorsitzende des Ausschusses für Eurointegration des georgischen Paralments, Nino Nakaschidse, am Donnerstag vor der Presse in Straßburg.

Am Vortag hatte der scheidende russische Präsident Wladimir Putin die Regierung in Moskau beauftragt, Maßnahmen zur Erweisung konkreter Hilfe an die Bevölkerung der nicht anerkannten Republiken zu konzipieren und mit den gegenwärtigen Machtorganen in Abchasien und Südossetien aufs engste zu kooperieren. Vertretungen des russischen Außenministeriums in der Region Krasnodar und in Nordossetien werden im Notfall auch Konsulardienste für Bürger erweisen, die ihren ständigen Wohnsitz in Abchasien bzw. Südossetien haben.

"Das, was Russland unternimmt, verstößt gegen das Völkerrecht. Das ist ein Versuch, die Territorien Abchasiens und Südossetiens de facto zu annektieren." Die georgische Parlamentarierin sagte ferner, dass die Position Moskaus die russisch-georgischen Beziehungen weiter belasten wird. "Deshalb appellieren wir an die russischen Behörden, über die Folgen dieses Beschlusses nachzudenken und ihn zu revidieren. Die jüngsten Schritte sind weder für Russland noch für Georgien annehmbar", sagte Nakaschidse.

Nach dem Zerfall der Sowjetunion hatte sich Abchasien für unabhängig von Georgien erklärt. Im August 1992 verlegte Tiflis seine Truppen nach Abchasien, die aber auf einen erbitterten bewaffneten Widerstand stießen. Der blutige Konflikt endete am 30. August 1993 mit dem faktischen Verlust Abchasiens durch Georgien. Seitdem arbeitet Suchumi beharrlich auf die Anerkennung seiner Unabhängigkeit hin, die bislang von keinem einzigen Staat akzeptiert wurde. Tiflis betrachtet Suchumi weiterhin als Teil des Landes und bietet Abchasien umfassende Autonomierechte im Staatsverband Georgiens an. Der Frieden in der georgisch-abchasischen Konfliktzone wird von der GUS-Friedensmacht erhalten, zu der hauptsächlich russische Militärs gehören. Die Verhandlungen über die Beilegung des Konflikts wurden 2006 abgebrochen.

Vor dem Zerfall der Sowjetunion hatte Südossetien den Status eines autonomen Gebietes im Staatsverband Georgiens. 1991 schaffte der erste georgische Präsident Swiad Gamsachurdia die Autonomie ab. Die südossetischen Behörden leisteten erbitterten bewaffneten Widerstand. Der Konlikt ging 1992 zu Ende, ebenfalls mit dem Verlust der Region für Tiflis.

Südossetien will seine Anerkennung durch andere Länder durchsetzen, während Georgien es weiterhin als sein Gebiet betrachtet. Der Frieden in der georgisch-ossetischen Konfliktzone wird von einem gemischten Friedenskontingent erhalten, zu dem ein russisches, ein georgisches und ein nordossetisches Bataillon gehören, jeweils 500 Mann. Das Hauptorgan für die Beilegung des Konflikts ist die so genannte Gemischte Kontrollkommission mit den Kovorsitzenden von Russland, Georgien, Nord- und Südossetien. In letzter Zeit bekundet Tiflis den Wunsch, aus diesem Format auszusteigen. Die anderen Teilnehmer der Verhandlungen sind dagegen.


KOMMENTAR

In offensichtlicher Revanche für den Kosovo-Separatismus und die NATO-Beschlüsse zur Osterweiterung mit Georgien und Ukraine verletzt nun Putin die Souveränität Georgiens.

NATO, Russland, Georgien und die Ukraine sollten zur Besinnung kommen und das Gezerre unterlassen. Wenn und wer Georgien nicht zerreißen will, muss darauf verzichten, diese innenpolitisch und regional zerklüftete Gesellschaft in eine Allianz gegen Russland zu holen, denn schon die Umrüstung der Armeen auf Nato-Technik wäre für die russische Rüstungsindustrie ein Verlust, den sie versuchen wird, durch Anheizung der innergeorgischen Konflikte zu kompensieren.

Und Bürgerkrieg in Georgien würde bedeuten, dass es ein Konflikt direkt um die neue, obwohl überflüssige Demarkationslinie zwischen NATO und Russland wäre.
Ein Konflikt in dieser Region hätte eine ganz andere Qualität als im Abseits des Kosovo. Darüber müssen sich die Beteiligten im Klaren sein und dürfen die Risiken nicht unterschätzen.

Was wäre richtig?

1. Ein Moskau zugesicherter Aufschub der Nato-Osterweiterung, besser noch ein Moratorium jeder Nato-Erweiterung, solange man die offenkundige wie überflüssige Konkurrenz mit Russland nicht überwunden hat.

2. Ein Sonderstatus für Georgien und Ukraine, militärische Neutralität. Also NACHDENKEN und nicht einfach zum Alliierten machen, denn der Antirussismus, der schon mit den baltischen Staaten Nato-Mitglied wurde, wird Einvernehmen mit Moskau unmöglich machen, wenn nun noch die Nato einen Bürgerkrieg in Georgien riskiert.

-markus rabanus-

ps: meine Rücksichtnahme für russische Interessen am Waffengeschäft mit den Nicht-Nato-Staaten stellt gewiss keine Wende zum Militarismus dar, sondern ist infolge von Überlegung, dass eine "Umrüstung" nur noch mehr an Ressourcen verschlingt als die Fortsetzung der mir nicht minder widerlichen "Waffenbruderschaft".

Donnerstag, 20. Dezember 2007

Schewardnadse über den Zerfall der UdSSR

MOSKAU, 20. Dezember (RIA Novosti). Der frühere UdSSR-Außenminister Eduard Schewardnadse hat RIA Nowosti ein Interview gewährt.

Das Gespräch zwischen Schewardnadse und dem Redaktionsleiter des RIA-Novosti-Büros in Georgien, Bessik Pipija, fand am Vorabend des Jahrestags der Unterzeichnung der Erklärung über das Ende der UdSSR und der Gründung der GUS in dessen Residenz Krzanissi statt.

RIA Novosti: Eduard Amwrossijewitsch, am 21. Dezember 1991 unterzeichneten die Leiter von elf Sowjetrepubliken die Erklärung über das Ende der UdSSR und die Bildung der GUS. Was ging diesem Ereignis voraus? Finden Sie, dass die Umwandlung der Sowjetunion in die Gemeinschaft Unabhängiger Staaten unvermeidlich war - wenn ja, warum?

Schewardnadse: Ende der 80er Jahre lief die ganze Entwicklung auf den Zerfall der Sowjetunion hin. Beschleunigt wurde er auch noch durch die Konfrontation zwischen Gorbatschow und Jelzin. Gorbatschow war natürlich für eine einheitliche Sowjetunion, Jelzin war bereits Präsident von Russland. Möglicherweise war auch er für die Erhaltung der Sowjetunion, aber er und Gorbatschow hassten sich unverhohlen. Wir, die in ihrer Nähe waren, versuchten sie auf irgendeine Weise miteinander auszusöhnen und dem unangenehmen Gerede ein Ende zu setzen. Daraus wurde nichts.
Dann wurde die Entwicklung durch die Verschwörung gegen Gorbatschow, genauer, gegen den Präsidenten der UdSSR, beschleunigt. Zuvor war ich zurückgetreten. Das Außenministerium, dem ich vorstand, setzte sich zu ungefähr 30 Prozent aus Mitarbeitern des KGB zusammen. Von ihnen bekam ich die Information, dass eine Konterrevolution in Vorbereitung sei. Ich sprach mit einigen Leuten darüber, konnte jedoch keinen überzeugen. So reichte ich aus Protest gegen diese Konterrevolution meinen Rücktritt ein.
Ich ergriff das Wort und sagte, das werde die kürzeste Ansprache meines Lebens sein. Eine Diktatur sei im Anzug, und niemand wisse, was das für ein Diktator sei, wer komme, was mit der Perestroika, der Demokratie usw. sein werde. Man bat mich doch zu bleiben, aber ich verließ den Sitzungssaal, stieg in meinen Wagen ein und fuhr nach Hause.
Etwa anderthalb Monate später reiste Gorbatschow nach Foros auf der Krim zur Erholung. Aber unterwegs machte er, wie ich annehme, einen Abstecher nach Minsk. Dort traf er sich mit den Funktionären, sagte, dass die Gefahr einer Diktatur real sei, und bat die Perestroika-Anhänger, wachsamer zu sein und der Diktatur den Weg zu versperren.
Dann kam das GKTschP (Staatliches Komitee für den Ausnahmezustand - d. Red.), die Beziehungen zwischen dem Präsidenten Russlands und dem der UdSSR spitzten sich noch mehr zu. Der Zerfall des Staates war nicht mehr aufzuhalten.

RIA Novosti: Eduard Amwrossijewitsch, Georgien trat der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten zwei Jahre nach ihrer Gründung bei. War das ein gezwungener Schritt oder eine freiwillige Entscheidung?

Schewardnadse: Ich strebte nicht nach der Mitgliedschaft in der GUS, eigentlich hatte ich keinen besonderen Wunsch, ihr beizutreten. Denn als ich ihre Satzung gelesen hatte, sah ich: Eine solche Organisation konnte die UdSSR nicht ersetzen. Aber Jelzin bestand sehr darauf, rief mich mehrmals an und sagte: Ich rate Ihnen zum Beitritt zur GUS. Ich war nicht dagegen, aber in Georgien gab es zu der Zeit bereits ein Parlament, dessen Abgeordnete zu 30 bis 40 Prozent gegen den Beitritt zur GUS waren, da sie diese mit der UdSSR assoziierten.
Etwa zwei Jahre später war ich in Moskau, besuchte Jelzin und sagte, ich bin trotz der Widersprüche im Parlament bereit, der GUS beizutreten. In Abchasien und Südossetien war die Entwicklung tragisch, und ich glaubte, dass die Lösung des Problems von Russland abhängen werde.

RIA Novosti: Diese Probleme wurden, wie sich später erweisen sollte, für viele Jahre auf Eis gelegt, aber vor kurzem sagte der dritte georgische Präsident Michail Saakaschwili, er könne binnen dreier Monate Südossetien unter Georgiens Jurisdiktion stellen.

Schewardnadse: Weiß ich nicht. Dasselbe sagte übrigens auch sein Freund, der Ex-Verteidigungsminister. Daraus wurde nichts. Zur Zeit läuft der Wahlkampf, die Präsidentschaftskandidaten geizen nicht mit Versprechungen jeder Art. Er sagte, dass er auch Suchumi (Hauptstadt Abchasiens - Anm. der Redaktion) zurückholen werde. Aber so einfach wird das nicht sein - nur durch Russland. Wenn eine Einigung mit Russland erzielt wird, wenn es gelingt, für Georgien, Abchasien und Russland gleichermaßen annehmbare Varianten auszuarbeiten, könnte auch eine Lösung gefunden werden.
Ich sprach mehrmals mit Putin. Ich bin überzeugt, dass man sich mit Putin einigen kann, obwohl gegenwärtig die Beziehungen zwischen Russland und Georgien höchst kompliziert sind. Putin hält sein Wort.
Einmal, als sich Putin zur Erholung in Sotschi befand, rief er mich an und lud mich ebenfalls in den Urlaub ein, schlug auch vor, wichtige Angelegenheiten zu besprechen. Ich reiste hin, wir trafen uns. Putin schlug mir vor, die Bahnstrecke durch Abchasien wieder aufzubauen, damit die Züge bis nach Baku, Jerewan und sogar in die Türkei durchfahren könnten. Ich hatte keine Einwände und bat ihn meinerseits, zur Rückkehr der Flüchtlinge in den Kreis Gali beizutragen. In diesem Kreis lebten zur Sowjetzeit 80 000 Menschen, hauptsächlich Georgier. Der reiche Kreis ernährte dank dem Anbau von Tee, Zitrusfrüchten und seinen Nüssen beinahe halb Abchasien. Putin nahm den Hörer und rief den Befehlshaber der Friedenskräfte, einen russischen General, an. Diesem sagte er: Ich habe erfahren, dass dort in den mingrelischen Gebieten die Einwohner des Kreises Gali leben. Ich gebe dir den Auftrag, diese Menschen zusammenzuziehen und in den Kreis Gali zurück zu befördern, denn ich habe dem georgischen Präsidenten das Wort gegeben und will nach ein paar Tagen kontrollieren, wie du diesen Auftrag erfüllst. Und wirklich: 50 000 oder 60 000 Flüchtlinge kehrten in den Kreis Gali zurück, wenn auch nicht alle zusammengebracht werden konnten.

RIA Novosti: Kehren wir zur Sowjetunion zurück. Wie denken Sie, ist es möglich, eine solche Struktur wiederzubeleben?

Schewardnadse: Ein kategorisches Nein. Nicht Georgien allein ist unabhängig, alle Staaten sind es geworden. Kasachstan zum Beispiel, ein überaus reiches Land, dessen Bodenschätze das ganze Mendelejew-System bergen, wird wohl kaum auf seine Unabhängigkeit verzichten. Zudem ist es ein Land, in dem sich Nasarbajew zum ewigen Präsidenten auf Lebenszeit ausgerufen hat.

RIA Novosti: Hat die GUS eine Zukunft?

Schewardnadse: Doch, wenn diese Organisation wirklich handlungsfähig sein und die Situation im GUS-Raum real beeinflussen wird. Das ist möglich.

RIA Novosti: Eduard Amwrossijewitsch, lassen Sie uns von UdSSR und der GUS zum unabhängigen Georgien wechseln. Über Ihren Rücktritt als georgischer Präsident kursieren viele Gerüchte. Die einen sagen, Saakaschwili sei Ihr Zögling, Sie hätten ihm auf diese Weise, mittels der "Rosenrevolution", absichtlich die Macht übergeben. Andere sagen, Sie hätten weder Kräfte noch Mittel gehabt, um die Kundgebungen zu unterdrücken. Wieder andere schließlich behaupten, Moskau habe Sie dazu gezwungen. Wie sah es in Wirklichkeit aus?
Schewardnadse: Moskau hat damit nichts zu tun.

RIA Novosti: Warum kam zu jener Zeit der damalige russische Außenminister Igor Iwanow nach Georgien?

Schewardnadse: Igor Iwanow kam als mein Freund. Er traf sich zuerst mit der Opposition, dann trafen wir beide uns. Aber er konnte nichts zu meinen Gunsten unternehmen. Darauf bat er mich, ihm ein Flugzeug zu überlassen, flog nach Batumi und von Batumi nach Moskau zurück. Damit war seine ganze Mission beendet.
Ich stand auf der Tribüne im Parlament und hielt eine Rede, als die Verschwörer Saakaschwili, Schwanija und andere gewaltsam in den Saal eindrangen. Ich sah Menschen, die mit Maschinenpistolen, Pistolen, Messern und Knüppeln bewaffnet waren...

RIA Novosti: Und wo waren die Rosen?

Schewardnadse: Überhaupt nicht da. Ich weiß nicht, wieso das als Rosenrevolution bezeichnet wurde. Ich habe keine einzige Rose gesehen.
Als die Lage gefährlich wurde, führte mich die Wache natürlich in den Hof hinaus. Dort sah ich einerseits die Anhänger der Opposition und andererseits meine Anhänger, etwa 2500 Menschen. Man sagte mir, dass ich durchhalten müsse und nicht weichen dürfe und dass sie am nächsten Tag 100 000 Menschen zu meiner Unterstützung zusammenziehen würden.
Ich bewertete die Ereignisse als einen versuchten Staatsumsturz und verkündete den Ausnahmezustand. Darauf stieg ich in den Wagen und fuhr nach Hause. Im Wagen aber kamen mir die Gedanken: Ja, ich kann das tun, weil ich Präsident und Oberbefehlshaber bleibe, und die Armee muss den Befehl des Oberbefehlshabers ausführen. Die Armee hat Kanonen, Panzer, es ist keine sehr große Armee, aber ausreichend bewaffnet. Natürlich wird die Armee siegen. Doch wird es auf dieser und auf jener Seite Tote geben. Ich sage mir: Was ist der Unterschied für dich als Georgiens Präsident, ob die Menschen auf jener Seite oder auf dieser Seite sterben?"
Aus dem Wagen rief ich die Kanzlei an und verlangte, den Erlass über den Ausnahmezustand aufzuheben. Ich komme nach Hause, und da sagt mir meine Frau gleich bei meiner Ankunft: "Was willst du anrichten? Ich weiß sehr gut, was der Ausnahmezustand bedeutet. Willst du etwa ein Blutvergießen?" Ich sage ihr: „Es wird kein Blutvergießen geben, aber du musst wissen, dass ich ab morgen nicht mehr Präsident bin, ich trete zurück.“ Mein Sohn rief aus Paris an, er ist in der UNESCO tätig. Er fragte: „Vater, wird Blut vergossen werden?“ Ich sagte, dass es zu keinem Blutvergießen kommen werde. Darauf lud ich die Verschwörer - Schwanija und Saakaschwili - zu mir ein. Zu ihnen sagte ich: Kinder, was gestern vorgekommen ist, wissen sie. Was werden wir aber weiter tun, wie werden wir damit leben?
Schwanija sagte: „Der am wenigsten schmerzlose Ausweg wäre der Rücktritt des Präsidenten. Aber wir sind Ihre Zöglinge und dürfen Ihnen das nicht zumuten. Ich sage: „Dann verlieren wir unnütz die Zeit. Ich habe schon gestern beschlossen: Ab heute bin ich nicht mehr Präsident. Wenn meine Ratschläge euch helfen können, stehe ich jederzeit zur Verfügung.“
Etwas später fanden die Wahlen statt, Schwanija wurde Ministerpräsident, und dann wurde er getötet.

RIA Novosti: Wurde er getötet oder vergiftete er sich mit Gas?

Schewardnadse: Getötet. Zuerst hieß es, er habe sich mit Gas vergiftet, als aber nicht nur unsere Experten, sondern auch welche aus Amerika eingeladen wurden, bestätigten die Experten die Gasvergiftung nicht. Wo er getötet wurde und wie das geschah, weiß ich nicht.
RIA Novosti: Eduard Amwrossijewitsch, wie erklären Sie das, was Anfang November dieses Jahres in Tiflis vorgekommen ist?

Schewardnadse: Das Volk hungert. Ich weiß, auch in Russland sind nicht alle reich, es gibt bestimmte Probleme in einigen Regionen. Aber gehungert wird in Russland nicht, und das ist unter anderem ein Verdienst Putins. Er ist ein intelligenter, sachkundiger Mensch und hat die Angelegenheiten in Russland auf eine Weise gelenkt, dass das Volk in Russland anständig lebt. Bei uns aber herrschen absolutes Elend und Hunger.

RIA Novosti: Und wie schätzen Sie die Reaktion der Behörden ein?

Schewardnadse: Als mitgeteilt wurde, dass sich das Volk in Tiflis versammelt, hätte der Präsident noch am selben Tag vor das Volk treten und mit ihm sprechen sollen. Hätte er wenigstens die Hälfte davon versprochen, was er jetzt verspricht, ja auch nur ein Drittel davon, so wäre die Menge auseinandergegangen. Dann wäre nichts davon geschehen, was geschehen ist.
Und erst die Schließung des Fernsehkanals "Imedi"! Das ist überhaupt Barbarei, in keinem einzigen Land wird mit dem Fernsehen so verfahren. Sagt das US-Fernsehen etwa nur Gutes über Präsident Bush? Er wird immer wieder bezichtigt und kritisiert. Aber weder in Amerika noch übrigens in einem anderen Land wurden Fernsehkanäle geschlossen.

RIA Novosti: Wie beurteilen Sie die Kräftekonstellation bei den bevorstehenden Präsidentschaftswahl in Georgien? Wer von den Präsidentschaftskandidaten kann Ihrer Meinung nach real den Bürgern mehr Nutzen bringen?

Schewardnadse: Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Volk Saakaschwili wählen wird. Doch die Opposition wird sich nicht unbedingt damit abfinden - es sind recht starke Persönlichkeiten vertreten, die von vielen unterstützt werden. Wenn Saakaschwili die Niederlage erleidet, weiß niemand, wie er sich verhalten wird. Ich meine, dass es wieder zu Unruhen und der Gefahr eines Bürgerkriegs kommen kann.

RIA Novosti: Und was sagen Sie zu Badri Patarkazischwili?

Schewardnadse: Badri ist dank mir nach Georgien gekommen. Nach ihm wurde gefahndet, ebenso wie nach einem anderen, Beresowski.

Zu Badri unterhielt ich gewisse Beziehungen. Genauer tat das unsere Botschaft in der Russischen Föderation. Wenn auf dem russischen Fernsehkanal ORT, wo er damals geschäftsführender Direktor war, eine negative Sendung über Georgien vorbereitet wurde, brauchte man nur Badri anzurufen, und diese Sendung wurde nicht ausgestrahlt.
Übrigens sagte ich Putin gelegentlich: Dem Menschen, nach dem ihr fahndet, haben wir einen georgischen Pass gegeben und als Bewohner von Tiflis angemeldet. Putin fragte, ob ich Beresowski meinte. Nein, sagte ich, ich meine Badri Patarkazischwili. Ach so, Badri, sagte Putin, nein, Badri sei kein schlechter Mensch, eher gut.
Badri kandidiert ebenfalls bei der Präsidentschaftswahl in Georgien. Ich sagte übrigens: Wäre ich Präsident, würde ich ihn zum Ministerpräsidenten ernennen. Ein sehr kluger Mensch, versteht sich darauf, mit Geld umzugehen, beschäftigte sich gründlich mit Wohltätigkeit, gab viel dafür auch, er genießt bei uns nicht nur Achtung, sondern auch Liebe.
Aber gegenwärtig ist er nicht in Tiflis. Es wurden irgendwelche Sachen über ihn ausgegraben. Ich weiß nicht, ob gesetzlich oder ungesetzlich, es heißt, es sei ungesetzlich.

RIA Novosti: Gestatten Sie mir eine Frage über die Präsidentschaftswahl in Russland. Wie stehen Sie dazu, dass der Name des künftigen Präsidenten faktisch bekannt ist?

Schewardnadse: Sehr wichtig ist für mich, dass Putin in der einen oder anderen Form der Mann Nr. 1 bleibt. Weil er die Mehrheit im Parlament hat und weil das Volk ihn achtet. Medwedew ist im Volk nicht so gut bekannt wie Putin. Deshalb wird Putin, falls er Ministerpräsident wird, im Grunde trotzdem Nr. 1 sein. Über Medwedew habe ich gehört, dass er ein gebildeter, sachkundiger Mensch ist, persönlich aber kenne ich ihn nicht.

RIA Novosti: Gibt es ein Rezept für eine Verbesserung der Beziehungen zwischen Georgien und Russland?

Schewardnadse: Alles hängt von den führenden Politikern ab. Ich meine nicht den künftigen Präsidenten Medwedew, sondern Putin und den Mann, der in Georgien gewählt wird.
Es bedarf eines Entgegenkommens von beiden Seiten, und den ersten Schritt muss der georgische Präsident tun. Wenn aber Putin die Initiative ergreift, wird ihm sicher zur Ehre gereichen, und alle werden der Meinung sein, dass er ein großmütiger Mensch ist.

Freitag, 8. September 2006

In Georgien wurden Oppositionspolitiker wegen eines angeblichen Umsturzversuchs festgenommen

Tiflis (Georgien), 08.09.2006 – Nach Angaben des georgischen Innenministers Wano Merabischwili wurden bei einem landesweiten Polizeieinsatz, an dem 450 Polizisten beteiligt waren, vorgestern morgen 29 Oppositionspolitiker festgenommen. Der Innenminister wirft ihnen Konspiration gegen den Staat und einen versuchten Umsturz der Regierung gemäß Paragraf 315 des georgischen Strafgesetzbuches vor. Gegen 14 der Personen wurde bereits Anklage wegen Landesverrates erhoben. Staatsanwalt Giorgi Gviniashvili gab bekannt, dass auch gegen weitere Personen Anklage erhoben wird.

Bei den Festgenommenen handelt es sich unter anderem um Temur Zhorzholiani, den Vorsitzenden der monarchistischen Partei, zwei regionale Vertreter der Partei „Samartlianoba“ („Gerechtigkeit“) und Maia Nikoleischwili, einen Anführer der „Anti-Soros-Bewegung“. Die „Anti-Soros-Bewegung“ vertritt die Auffassung, dass der US-Milliardär George Soros Präsident Micheil Saakaschwili mit an die Macht gebracht habe.
Der pro-westliche Micheil Saakaschwili wurde nach dem Sturz Eduard Schewardnadse im Zuge der so genannten samtenen Revolution im Jahr 2003 zum Präsidenten gewählt. Im staatlichen Fernsehsender und auf privaten Kanälen des Landes wurden Bilder gezeigt, wie maskierte Sicherheitsbeamte, die mit Kalashnikovs bewaffnet waren, die Festgenommenen in Autos brachten. Im staatlichen Fersehen wurden zudem Dollarbündel, die angeblich bei der Polizeiaktion konfisziert wurden, präsentiert. Der stellvertretende Parlamentsprecher Mikhail Machavariani beschuldigte die Oppositionspolitiker, das Geld aus Russland eingeschmuggelt zu haben. Im Zusammenhang mit den Festnahmen richten sich die Vorwürfe der georgischen Regierung von Präsident Micheil Saakaschwili gegen Russland. So hatte Micheil Saakaschwili in der letzten Woche behauptet, Russland arbeite in konspirativer Weise darauf hin, ihn durch Igor Georgadse zu ersetzen. Micheil Saakaschwili kommentierte die Festnahmen während eines offiziellen Auslandsaufenthalts in Polen. „Sie werden die Strafe bekommen, die sie verdienen. Und diejenigen, die sie finanzieren können sich dessen sicher sein“, so der georgische Präsident. Damit nahm er Bezug auf in Medien geäußerten Spekulationen, wonach der russische Geheimdienst die pro-russische Opposition Georgiens finanziell unterstützen.

Igor Georgadse, ein ehemaliger KGB-Offizier der Sowjetunion und georgischer Minister für Staatssicherheit, wird mit einem internationalen Haftbefehl gesucht, weil ihm die Beteiligung an einer Verschwörung gegen Eduard Schewardnadse vorgeworfen wird. Igor Georgadse soll 1995 Drahtzieher eines gescheiterten Attentats mit einer Autobombe auf den damaligen Präsidenten Eduard Schewardnadse gewesen sein. Russland hat Igor Georgadse, dessen Vater Vorsitzender der „Vereinten Kommunistischen Partei Georgiens“ ist, politisches Asyl gewährt. 2000 und 2004 wollte Igor Georgadse an der Präsidentschaftswahl teilnehmen, was ihm aber nicht gestattet wurde, da er seinen Hauptwohnsitz nicht in Georgien hatte. Am Mittwoch strahlte der staatliche russische Fernsehsender „Kanal eins“ ein Interview mit Igor Georgadse aus, in dem der Oppositionspolitiker sagte, dass die Festnahmen Teil einer Repressionskampagne im Vorfeld der im Oktober stattfindenden Kommunalwahlen seien. Nach einer Reise durch das Land hatten Vertreter der OSZE im März dieses Jahres sich besorgt über den Zustand der Freiheit der Medien und des Rechtssystems in Georgien geäußert. Auch andere der festgenommenen Politiker beteuerten ihre Unschuld und bezeichneten die Polizeiaktion als politisch motiviert.

Als Reaktion auf die Festnahme von 14 Mitgliedern rief die Partei „Gerechtigkeit“ laut der russischen Nachrichtenagentur RIA Novosti zu einer landesweiten Kampagne des zivilen Ungehorsams auf, mit der Präsident Micheil Saakaschwili gestürzt werden solle. Dies sagte Irina Sarishvili, die Leiterin der „Igor-Giorgadze-Stiftung“, auf einer Pressekonferenz in der georgischen Hauptstadt. Irina Sarishvili bestritt auf der Pressekonferenz, dass es Umsturzpläne gegeben und ein konspiratives Treffen am 4. Mai gegeben habe. Irina Sarishvili wurde nicht festgenommen, jedoch wurde das Büro der „Igor-Giorgadze-Stiftung“ von der Polizei durchsucht.

In einer gemeinsamen Stellungnahme, die im Mai dieses Jahres veröffentlicht wurde, hatten die Anführer von fünf Oppositionsparteien die politischen Aktivitäten von Igor Giorgadze verurteilt, gleichzeitig aber den Umgang der Regierung mit dem im Exil lebenden Politiker kritisiert. +wikinews+