Donnerstag, 31. Januar 2008

Russlands Wahlkampf für Serbiens Nikolic

ZitatANFANG: Präsidentenwahl in Serbien: TV-Duell endet in Streit über EU-Beitritt

MOSKAU, 31. Januar (RIA Novosti). Bei ihrem Fernsehduell am Mittwochabend haben sich die serbischen Präsidentschaftskandidaten Boris Tadic und Tomislav Nikolic zwar für einen Anschluss an die Europäische Union ausgesprochen, dennoch äußerten sie unterschiedliche Vorstellungen über die Wahl des Weges.
„Der europäische Weg hat keine Alternative, weil auf diesem Weg alle Hoffnungen und Erwartungen liegen, die mit der Lösung von Problemen verbunden sind, mit welchen unser Staat in den letzten Jahren konfrontiert war“, sagte Tadic. Serbiens Zukunft sehe er „innerhalb Europas“.
Nikolic, Kandidat der Radikalen Partei, erwiderte darauf: „Nicht Serbien braucht die EU - es ist Europa, das uns braucht.“
„Ich schlage zumindest zwei Wege vor“, fuhr der Oppositionskandidat fort. „Der eine, der frei liegt, geht in Richtung Russland, der andere, in Richtung EU, weist viele Hindernisse auf, die bei der Zusammenarbeit mit der Europäischen Union zu überwinden sind.“
Tadic erwiderte darauf, er setze sich zwar für eine enge Zusammenarbeit mit Russland ein, wolle aber „Serbien nicht als eine russische Provinz sehen, wie das Nikolic vorschlägt“.
„Serbien wird weder Russlands Provinz noch eine europäische Kolonie sein“, schlug Nikolic zurück.
Während der rund zweistündigen Diskussion sprach Nikolic seinen Rivalen mehrmals als „Herr Ex-Präsident“ an.
Bei der ersten Wahlrunde am 20. Januar hatte Nikolic 39,99 Prozent der Stimmen bekommen, während der Präsident Tadic auf 35,99 Prozent gekommen war. Die Stichwahl findet am 3. Februar statt. -ZitatENDE

Mittwoch, 30. Januar 2008

Russische Serbien-Spekulationen

ZitatAnfang - Setzt Russland bei der Präsidentenwahl in Serbien auf den Richtigen?

MOSKAU, 28. Januar (Jelena Schesternina, RIA Novosti). Am vergangenen Freitag hatte Wladimir Putin im Kreml zwei serbische Politiker empfangen: Präsident Boris Tadic und Premier Vojislav Kostunica.
Als das Hauptziel des Besuchs galt die Unterzeichnung von Abkommen im Öl- und Gasbereich (es handelte sich um den Verkauf des Kontrollpakets der staatlichen Erdölgesellschaft NIS an Gasprom und um den Bau eines Abschnitts der Gaspipeline South Stream in Serbien) sowie die Erörterung einer Privatisierung der serbischen Fluggesellschaft JAT, deren Kontrollpaket ins Visier der russische Fluglinie Aeroflot geraten war. Aber die Unterredung beschränkte sich nicht nur auf Wirtschaftsprojekte. Gesprochen wurde auch über das Kosovo sowie über die innenpolitische Situation in Serbien. Dort soll am 3. Februar die zweite Runde der Präsidentschaftswahl stattfinden. Boris Tadic, der vor einer Woche die erste Runde verloren hat, braucht die Unterstützung seitens Moskaus wie noch niemals zuvor.
Warum aber haben die Kreml-Beamten und die russischen Diplomaten beschlossen, von den zwei Kandidaten gerade Tadic zu unterstützen? Denn der Sieger der ersten Wahlrunde, die "Nr. 2" der Serbischen Radikalen Partei, Tomislav Nikolic, (die "Nr. 1" in der Parteihierarchie ist Vojislav Seselj, der derzeit vor dem Kriegsverbrechergericht in Den Haag sitzt) wirkt im Vergleich zu seinem Opponenten deutlich als ein Anhänger der Partnerschaft mit Moskau. Ja, Tadic ist bereit, mit Moskau Freundschaft zu halten - aber um kein Jota mehr als mit dem Westen. Er hofft, früher oder später sein Land in die Europäische Union "hineinzuschleppen". Selbst der Verlust des Kosovo, für dessen Unabhängigkeit die meisten Mitglieder der Organisation sind, dürfe, so der Präsident, diese Pläne nicht zu Grabe tragen.
Nikolic dagegen hat im Klartext mitgeteilt, dass er bereit sei, die Beziehungen zum Westen abzubrechen, sobald dieser die Unabhängigkeit der Provinz anerkenne, dass Serbien auch ohne die Europäische Union auskommen könne und dass die Antwort auf die Kosovo-Unabhängigkeit die Aufstellung eines russischen Militärstützpunkts in Serbien sein könne. Nach Meinung von Nikolic ist ein solcher Schritt für Moskau von Vorteil: Er wäre eine "adäquate Antwort" auf die Pläne, Teile des US-Raketenabwehrsystems in Tschechien und Polen zu stationieren. "Wenn die USA zum Schutz gegen den Terrorismus Raketen nach Europa verlegen, kann sich Russland genauso einen Stützpunkt in Serbien aufbauen", erklärte Nikolic. Außerdem ließ er die Annahme zu, dass in Serbien nicht einfach russische Raketen, sondern auch nukleare Gefechtsköpfe hinzukommen könnten.
Moskau hat auf solche Angebote nicht geantwortet - und das hat seine Gründe.
Erstens steht nicht fest, dass der Sieger der ersten Wahlrunde unbedingt auch die Stichwahl gewinnt. Etwas über vier Prozent Abstand zwischen den Hauptrivalen sind nicht übermäßig viel. Jetzt hängt alles von den Verlierern des ersten Teils des Wahlrennens ab, wen sie unterstützen werden. Rein arithmetische Berechnungen zeigen: Zur Zeit führt der amtierende Präsident. Also habe es, nach der Logik von Moskau, keinen Sinn, Nikolic zusätzliche Dividenden in Form einer offenen Unterstützung auszuschütten: Er bleibe ohnehin ein "Freund von Moskau", man brauche ihn nicht erst zu überzeugen. Im Unterschied zu Tadic: Wenn sich am Horizont die Möglichkeit des EU-Beitritts abzeichne, könne er mit der Zeit seine heutigen prorussischen Neigungen auch vergessen.
Zweitens weist die Unterstützung des Radikalen Nikolic - selbst bei seinem Sieg - unbezweifelbare Minuspunkte auf. Eigene, erst recht nukleare Raketen auf dem Balkan aufzustellen, heißt, sich in eine offene Konfrontation mit dem Westen zu begeben. Zudem steht nicht fest, dass Nikolic gleich nach der Abstimmung sein eigenes Angebot nicht vergessen hat: Denn um die Popularitätswerte vor der Wahl in die Höhe zu schrauben ist jedes Mittel recht. Niemand kann hundertprozentig garantieren, dass das Gerede von Raketen nichts als Wahlrhetorik sind. Das beweist auch indirekt, dass der Vorschlag kein einziges Mal der russischen Führung direkt gemacht, vielmehr nur in den Medien vermittelt wurde.
Drittens ist Russland an einer völligen Isolation Serbiens gar nicht interessiert - diese aber wird im Falle des Sieges von Nikolic sicherlich eintreten. Die Erweiterung der EU hat Moskau, anders als die NATO-Erweiterung, nie geärgert. Selbstverständlich gilt das nur, solange die "Neuen" nicht unter der EU-Ägide Moskau ihre eigenen Rechnungen präsentieren (besonders kennzeichnend ist das für die baltischen Länder und für Polen). Doch Serbien wird sich unter diese Länder nicht einreihen. Eher umgekehrt, das Aufkommen eines neuen prorussisch gesinnten Staates in der Europäischen Union wird Moskau in die Karten spielen. Zumal man seine Freunde im "einheitlichen Europa" an den Fingern abzählen kann.
Offenbar hat Moskau eine Entscheidung getroffen. Nun heißt es, auf den 3. Februar zu warten, um zu verstehen, ob Moskau auch gewinnen wird.

Die Meinung der Verfasserin muss nicht mit der von RIA Novosti übereinstimmen. - ZitatEnde

KOMMENTAR

"Serbien im Spiel der Großmächte" - so wäre man geneigt, das Mitmischen des Auslands in den serbischen Wahlkampf zu kommentieren, aber das wäre nur die halbe Wahrheit, denn die serbischen Wahlkämpfer selbst holen sich diese "Unterstützung" ran. - Ob das im Interesse Serbiens ist? Wohl kaum, denn die Macht-Beihilfen haben ihren politischen und wirtschaftlichen Preis. Korrumpieren.

msr >> www.diskussionen.de

Dienstag, 29. Januar 2008

Russland behindert Wahlbeobachtung

Die OSZE kritisiert Moskau, dass entgegen Standards nur 70 Wahlbeobachter eingeladen wurden und mit ihrer Arbeit erst drei Tage vor der Wahl am 2. März beginnen dürfen.

Präsidentschaftsgegenkandidat Michail Kasjanow wurde inzwischen von den Wahlen ausgeschlossen, weil bei der für seine Kandidatur erforderlichen Unterschriftensammlung in größerem Umfang Fälschungen aufgetreten seien. Aus welchen näheren Umständen sich eine Verantwortlichkeit Kasjanows ergibt, lässt sich in den Nachrichten nicht finden.

Samstag, 26. Januar 2008

Russland legt Horrorstatistik über Todesfälle in Armee offen

MOSKAU, 26. Januar (RIA Novosti). In der russischen Streitkräften sind im vergangenen Jahr 442 Armeeangehörige ums Leben gekommen, bei 224 Fällen handelt es sich um Selbstmord.
Das teilte am Samstag das russische Verteidigungsministerium auf seiner Internet-Seite mit.
Weitere Todesursachen nach Angaben des Verteidigungsamtes waren: Unfälle (126 Tote), Verkehrsunfälle (41), Mordfälle und fahrlässige Tötung (23), Amtsmißbrauch und Misshandlungen von jüngeren Jahrgängen (15) sowie Fehler beim Umgang mit Waffen (13).
Allein im Dezember waren 25 Soldaten ums Leben gekommen, 16 nahmen sich freiwillig das Leben, drei Personen starben bei Verkehrsunfällen, zwei waren Unfallopfer. Außerdem wurden zwei Soldaten bis zum Tode misshandelt und einer aus Fahrlässigkeit getötet. Ein Soldat starb wegen fehlerhaftem Umgang mit Waffen.
In Tschetschenien (russische Teilrepublik im Nordkaukasus) starben im Dezember fünf Soldaten, einer davon beim Kampfeinsatz.

KOMMENTAR

Ob die Zahlen nicht nur Spitze des Eisbergs sind? Naja, jedenfalls sollte man sich die schlechten Nachrichten in eigener Sache auch in Russland zur Gewohnheit machen, denn nur dann lassen sich Missstände bessern und holen einen nicht irgendwann ein.

msr

Mittwoch, 23. Januar 2008

Russische Präsidentschaftswahlen ohne Kasjanow?

Gegen Michail Kasjanow ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen "massenhafter Fälschungen" bei der Unterschriftensammlung, die der 2004 entlassene Ministerpräsident und jetzige Oppositionskandidat für die anstehenden Präsidentenwahlen braucht. Die zentrale Wahlleitung habe bei den bislang überprüften Unterschriften 15 Prozent als fehlerhaft eingestuft, während das Gesetz schon bei 5 Prozent beanstandbarer Unterschriften den Kandidaten-Ausschluss vorsieht.

Im Unterschied dazu lassen beispielsweise bundesdeutsche Gesetzesregelungen genügen, dass überhaupt eine bestimmte Anzahl unbeanstandeter Unterschriften zur Teilnahme an Wahlen hinreichen. Beanstandbare Unterschriften können demnach nur eine Rolle spielen, wenn dadurch das Unterschriften-Minimum unterschritten wird.
Wenn dieses Verfahren in Russland umgekehrt sein sollte, dann könnten Gegner einer Kandidatur durch "falsche" Unterschriften leicht verhindern und damit die Wahlen beeinträchtigen.

Kasjanow gilt als einziger der fünf Amtsbewerber, der Putins Politik öffentlich kritisiert.

msr >> www.diskussionen.de

GAZPROM kauft serbisches Staatsunternehmen

Serbiens Ministerpräsident Kostunica setzte sich gegen Wirtschaftsminister Mladjan Dinkic und Präsident Boris Tadic durch und stimmte dem Verkauf des staatlichen Mineralölkonzerns NIS an die russische Gazprom zu.

Die NIS gilt als größtes Tortenstück im serbischen Staatsvermögen Serbiens. Eine öffentliche Ausschreibung des Unternehmensverkaufs gab es nicht. Über die Höhe des Kaufpreises und näheren Vertragskonditionen wird bislang nur spekuliert.

Erstaunlich und kritikwürdig, wenn Staatsvermögen auf solche Weise gehandelt wird.

markus rabanus >> http://www.diskussionen.de/

Dienstag, 22. Januar 2008

Russland warnt Ukraine vor Einbindung in NATO

MOSKAU, 22. Januar (RIA Novosti). Russland würde angemessene Gegenmaßnahmen ergreifen müssen, sollte sich die Ukraine in die NATO einbinden. Das teilte das russische Außenministerium am Dienstag in seinem Kommentar mit.
Eine Integration der Ukraine in die Nordatlantikpakt-Organisation würde die ukrainisch-russischen Beziehungen schwer belasten, warnte das Außenamt in Moskau.
Zuvor hatte die ukrainische Führung ein Schreiben an NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer veröffentlicht. Darin wird der Wunsch der Ukraine geäußert, dem Aktionsplan für die NATO-Mitgliedschaft bereits auf dem Gipfel im kommenden April in Bukarest beizutreten.
Russlands prinzipielle Position zum NATO-Beitritt der Ukraine sei wohl bekannt, wird in dem Kommentar des russischen Außenamtes betont.
"Wir sind der Meinung, dass jedes Land die Wege zur Gewährleistung seiner Sicherheit frei wählen darf, darunter durch den Ausbau von engeren Beziehungen mit militärisch-politischen Strukturen. Dieses Recht wird von niemandem bestritten", heißt es in dem Dokument.
Gleichzeitig könnte eine neue radikale Erweiterung der Allianz zu einer ernsthaften militärisch-politischen Veränderung führen, die unvermeidlich Russlands Sicherheitsinteressen betreffen würde.
Russland und die Ukraine werden von bilateralen Verpflichtungen verbunden, die im Vertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und Partnerschaft von 1997 festgelegt sind. Laut dem Vertrag bauen die beiden Seiten ihre Beziehungen auf den Grundsätzen einer strategischen Partnerschaft auf und verpflichten sich, auf Handlungen zu verzichten, die die Sicherheit der anderen Seite beeinträchtigen könnten.
"Es entsteht der Eindruck, dass die heutige ukrainische Führung die Annäherung an die NATO im Allgemeinen als eine Alternative zu den gutnachbarlichen Beziehungen mit der Russischen Föderation betrachtet", heißt es im Dokument.

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Kommentar: In anderen Artikeln werden die Drohungen Russlands konkreter. Beispielsweise werde Moskau der Ukraine unmittelbar nach deren NATO-Beitritt die verteidigungstechnische Zusammenarbeit aufkündigen. Erklärtes Kalkül solcher Ankündigungen ist es, dass die enormen Kosten einer Umrüstung auf westliche Verteidigungsmittel die ukrainische Volkswirtschaft unnötig belasten werde. Andererseits führt auch solche Droherei gerade dazu, dass die ukrainische Bevölkerung gegen Russland eingenommen und sich ebensolche Belastungen gefallen lassen wird, die mit der Umrüstung auf NATO-Technik einhergehen.

Die angedrohte Beendigung russischer Militärlieferungen ist zudem vorauseilende Propaganda Russlands, um die Ohnmacht zu kaschieren, dass die ukrainische Umrüstung ohnehin stattfinden würde. Solange Russland von der NATO ausgesperrt bleibt, kann sich an solchen Wirkungen nichts ändern.

Die Hauptwirkungen sind:

1. Russland fürchtet mit jedem verloren gehenden Bündnispartner um das eigene politische Gewicht,
2. Russland verliert mit jedem verloren gehenden Bündnispartner einen Absatzmarkt für seine Waffengeschäfte.
3. Auf der Gewinnerseite dieser Prozesse stehen die Rüstungsindustrien der NATO-Staaten und erschweren somit die Abrüstungspolitik und Politik der Vereinten Nationen, denn im Westen wie in Russland kommen die Scharfmacher und Spalter vor allem aus dem militärisch-industriellen Komplex.

Und die "Sicherheitsinteressen"? Noch sind sie nachrangig, wenngleich perment in den Mittelpunkt der Vorwürfe stehend, denn weder in Moskau noch in den westlichen Metropolen wird eine Krisenverschärfung bishin zu einem kriegerischen Konflikt für wahrscheinlich gehalten. So arg rückfällig in den Kalten Krieg des Ost-West-Konflikts ist man mental bislang noch nicht, aber die Tendenz dahin ist beachtlich und dokumentiert in allerlei abstrusen "Strategiepapieren", wie sie zur Zeit in Moskau und im Westen von "Experten" in Umlauf gebracht werden.

Mentalen "Zusammenhalt" zwischen NATO und Moskau verschafft im Moment nur die gemeinsame Herausforderung durch den Islamismus, von dem eben auch Russland in seinem Einflussbereich betroffen ist. Aber es ist keine gute Sache, wenn sich Zusammenhalt auf Gemeinschaft gegen Dritte gründet, denn in der gleichzeitigen Konkurrenz wird mit islamistischen Staaten gepokert, so dass mit Ausnahme der Hardliner und Rüstungsgewinnler eigentlich alle Schaden nehmen.

Was also tun? Man kann es nur fordern, denn getan wird es entgegen aller Vernunft nicht:

Schluss mit der Osterweiterung der NATO, solange Russland der Beitritt verwehrt wird.

markus rabanus >> http://www.diskussionen.de/

Montag, 21. Januar 2008

Moskau vertritt atomare Erstschlagsstrategie

RIA Novosti erweist sich mal wieder als Propaganda-Maschine der russischen Regierung und verschafft der nuklearen Präventivschlagsdrohung den Anschein der Normalität, denn diese Militärstrategie sei "keine Sensation", sondern Anfang 2000 beschlossen worden. - Wahrhaftig "keine Sensation", dass RIA Novosti so tut, als habe sie seinerzeit darüber berichtet, denn immerhin ist es eine dramatische Abkehr von Gorbatschows Politik des Verzichts auf Erstschlagsstrategien.

Und die USA seien schlimmer, kann auch schwerlich trösten, wenn Moral Russlands ist, das eigene Unrecht mit dem Unrecht anderer rechtfertigen zu dürfen, dass die US-Militärdoktrinen den Atomwaffeneinsatz "im Gefechtsfeld" vorsehen, was nicht Teil russischer Konzepte sei. Aber RIA Novosti erspart uns Lesern die Geschmacklosigkeit des Hinweises, was denn die Ziele russischer Atomwaffen sind.

Dann das typische Gesülze, dass der Atomwaffeneinsatz nur für den "Notfall" vorgesehen sei, aber spannend wird es dann doch in den um Gewöhnlichkeit bemühten Nebensätzen, wenn es heißt, dass der Präventivschlag gegen Atomwaffenstaaten und in anderen Konstellationen vorgesehen ist.

Das sind Steigerungen der Atomschlagsstrategien, die jede für sich kritisiert werden muss:

1. Es gibt zweierlei Abschreckungsstrategien, von denen die "Strategie der massiven Vergeltung" weniger eskalativ ist, denn sie ist eine "Zweitschlags-Strategie", setzt also voraus, dass der Gegner den nuklearen Erstschlag geführt hat.
Wer sich jedoch, wie jetzt auch Russland, den nuklearen Erstschlag in der eigenen Militärstrategie hat, will Teil der Eskalation sein.
Wo bleibt in dieser Frage der Protest der Bundesrepublik Deutschland?

2. Wenn der Atomwaffensperrvertrag schon sein in Artikel 6 gesetztes Ziel der atomwaffenfreien Welt verfehlt, weil sich die Atomwaffenmächte nicht an das Abrüstungsgebot halten, dann sollten die Atomwaffenmächte wenigstens zusichern, niemals gegen Nichtatomwaffenstaaten Atomwaffen einzusetzen.
Aber auch das macht Russland nicht und auch keiner der anderen Atomwaffenstaaten, wobei in diesem Fall noch klarer wird, dass sie sich gegenüber den Nichtatomwaffenstaaten nicht damit herausreden können, dass es die anderen Atomwaffenstaaten an solchen Zusicherungen fehlen lassen.
Wo bleibt in dieser Frage der Protest der Bundesrepublik Deutschland?

-ZitatAnfang-
Russland zu atomarem Präventivschlag bereit - "Nesawissimaja Gaseta"

21/ 01/ 2008

MOSKAU, 21. Januar (RIA Novosti). Am vergangenen Samstag verkündete Generalstabschef Juri Balujewski, Russland sei bereit, im Notfall einen atomaren Erstschlag auszuführen, woraufhin die Meldungen der größten Nachrichtenagenturen heiß liefen, schreibt die „Nesawissimaja Gaseta" vom Montag.
Dabei enthielt der Vortrag des Generalstabschef der russischen Streitkräfte auf einer Militärkonferenz in Moskau keine Sensationen. Der General hatte nur kurz eine Bestimmung der Militärdoktrin Russlands dargelegt, die Anfang 2000 angenommen wurde.
In der Doktrin heißt es, dass ein atomarer Präventivschlag gegen einen Atomwaffen besitzenden Staat oder eine Koalition von Staaten geführt werden kann, falls diese einen großen Angriff gegen die Russische Föderation und ihre Verbündeten vorhaben.
Das Recht und die Möglichkeit eines nuklearen Präventivschlags ist auch in den entsprechenden Dokumenten der USA und anderer Atomwaffenmächte festgeschrieben. Mehr noch: die Pentagon-Chefs planen sogar den Einsatz von Atomwaffen auf dem Kampffeld, was in den russischen Gefechtsvorschriften nicht vorgesehen ist.
Freilich konnte sich Balujewski die Worte nicht verkneifen, dass "die militärische Stärke nicht nur im Verlauf von Kampfhandlungen eingesetzt werden kann, sondern auch zur Demonstration der Entschlossenheit der Landesführung, seine Interessen zu behaupten". Wie das anzustellen ist, ist nicht ganz klar. Die Fahrt eines Schiffsverbands der Nord- und der Schwarzmeerflotte in den Atlantik und das Mittelmeer wie auch die Langstreckenflüge zu den Küsten der NATO-Länder sind hierbei nicht entscheidend. Die Neubewaffnung von Armee und Flotte geht äußerst langsam von sich. Trotz großspuriger Erklärungen von Regierungs- und Militärbeamten gehen einige Waffen über das Teststadium nicht hinaus. Es gelingt nicht, die Serienproduktion von modernen Waffen und Systemen anzubahnen. Dabei stellt das Land riesige Summen für die Verteidigungsbedürfnisse bereit. Für 2008 sind über 800 Milliarden Rubel geplant (1 Euro entspricht etwa 35,8 Rubel), für 2009 über 900 Milliarden und für 2010 über 1,1 Billion Rubel vorgesehen.
Dabei liegt die Frage nach der Effizienz und Rationalität dieser Ausgaben auf der Hand. Auf der Konferenz warnte Generaloberst Alexander Selin, Oberbefehlshaber der Luftstreitkräfte, davor, dass Russland im Jahr 2020 gegen Luft- und Weltraumangriffe nicht ausreichend geschützt ist.

-Zitat-Ende -

Fortsetzung KOMMENTAR:

Im zweiten Teil des Artikels kritisiert RIA Novosti zu allem Überfluss noch die Langsamkeit der russischen Hochrüsterei. Mit der Rot-Markierung möchte ich auf einen Absatz hinweisen, der demonstriert, wie tief der Artikelschreiber im Schützengraben sitzt. - Ein Trauerspiel, womit sich manche Leute bzw. sehr viele Leute ihr Geld verdienen.

markus rabanus >> Diskussion